Verschiedene Entwicklungen tragen dazu bei, dass das medizinische Berufsgeheimnis zunehmend unter Druck gerät. Immer wieder wird in politischen Vorstössen gefordert, Ärzte zu verpflichten, den Behörden alle Informationen über eine potenzielle Gefährlichkeit von Patienten weiterzugeben.
Gesetzliche Rahmenbedingungen sollen die Interessen der Gesellschaft schützen und Risiken eindämmen. Ob ärztliche Meldepflichten dazu geeignet sind, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen, wird kontrovers diskutiert. Zu den Meldepflichten im Gefängnisbereich hat die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) eine ausführliche Stellungnahme verfasst.
NEK Stellungnahmen Nr. 23/2014
Über die Meldepflicht im Gefängnisbereich für Informationen, die dem medizinischen Berufsgeheimnis unterstehen.
Die Zentrale Ethikkommission und die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) schliessen sich den Argumenten der NEK an und haben in einer gemeinsamen Stellungnahme die aus ihrer Sicht zentralen Werte festgehalten:
- Medizinisches Berufsgeheimnis als berufsethischer Grundwert
- Medizinisches Berufsgeheimnis als notwendige Grundvoraussetzung einer therapeutischen Beziehung
- Medizinisches Berufsgeheimnis als Schutzraum für Opfer von Verbrechen oder Vergehen
Diese Punkte werden in der gemeinsamen Stellungnahme der SAMW und der FMH vom 29. Mai 2015 erläutert.