Seit 2020 stellt das Coronavirus die Intensivstationen vor zusätzliche Herausforderungen. Die SAMW hat deshalb die Richtlinien «Intensivmedizinische Massnahmen» von 2013 mit einem Anhang zu Triageentscheidungen bei Ressourcenknappheit ergänzt. Das Dokument wurde mehrfach aktualisiert und fokussiert inzwischen weniger stark auf Covid-19-Erkrankte.
Solange genügend personelle und materielle Ressourcen zur Verfügung stehen, werden alle Patientinnen und Patienten aufgenommen, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, und nach etablierten Kriterien behandelt. Tritt eine Notstandssituation mit einer grossen Anzahl schwerstkranker Patienten ein, z. B. wegen einer Pandemie oder Naturkatastrophe, werden Rationierungsentscheide nötig. Dabei ist die Belastung für das medizinische Personal sehr hoch. Umso wichtiger ist es, dass gesamtschweizerisch vergleichbare Kriterien für die Aufnahme und den Verbleib auf der Intensivstation zur Anwendung kommen.
Das übergeordnete Ziel ist, dass auch bei einer ausserordentlichen Ressourcenknappheit mit den zur Verfügung stehenden Mitteln möglichst viele Menschenleben gerettet werden können, unabhängig davon, welche Krankheit oder Verletzung zur Einweisung führte.
Richtlinien und Umsetzungshinweise
- Triage in der Intensivmedizin bei ausserordentlicher Ressourcenknappheit (23.09.2021) PDF, 1 MB
- Triage en soins intensifs: document en français (23.09.2021) PDF, 1 MB
- Intensive care triage: document in English (23.09.2021) PDF, 1 MB
- Triage in medicina intensiva: documento in italiano (23.09.2021) PDF, 1 MB
- Richtlinien: Intensivmedizinische Massnahmen (2013) PDF, 730 KB
Alle von der SAMW veröffentlichten medizin-ethischen Richtlinien finden Sie im Menü Publikationen und auf den jeweiligen Themenseiten, z. B. Intensivmedizin.
FAQ für interessierte Laien
Die Hinweise zum Umgang mit Ressourcenknappheit auf Intensivstationen wurden unter dem Titel «Triage-Richtlinien» bekannt und haben seit der Publikation im März 2020 weit über Fachkreise hinaus Aufmerksamkeit erfahren und eine breite mediale Berichterstattung ausgelöst. Mit einer FAQ-Seite bieten wir interessierten Personen Informationen, die dabei helfen, dieses an Fachpersonen gerichtete Dokument auch als Laie zu verstehen. Zu den FAQ
Blick auf «Triage» im Jahr 2023
Die medizinische Triage ist mit der Pandemie ins allgemeine Bewusstsein gerückt. In einem Beitrag der Schweizerischen Ärztezeitung (04.10.2023) blicken die SAMW, die Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin und ein Vorstandsmitglied der Fachgesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin auf die Pandemiezeit zurück. Sie diskutieren die Bedeutung der Triage und den Wert anerkannter Richtlinien als Orientierungshilfe in aussergewöhnlichen Situationen.
Die SAMW war während der Pandemie nur deshalb in der Lage, rasch eine solche Hilfestellung zur Triage bereitzustellen, weil die in Kraft stehenden Richtlinien «Intensivmedizinische Massnahmen» die Grundlagen dazu boten. Dies erlaubte, zeitnah einen Anhang zu diesen Richtlinien zu erarbeiteten, wobei sorgfältig darauf geachtet wurde, dass die schnellere Vorgehensweise nicht zu Lasten der Qualität ausfiel: Neue Erkenntnisse und laufende Rückmeldungen aus Wissenschaft und Praxis wurden in jede neue Fassung eingearbeitet. Für andere Gebiete – etwa die Triage in der Notfallmedizin – gab es keine vergleichbare Grundlage. Die Ausarbeitung grundlegend neuer medizin-ethischer Richtlinien folgt stets dem mindestens zwei Jahre dauernden Prozess (vgl. hier).
Beim Begriff «Triage» läuten die Alarmglocken (SÄZ, 04.10.2023)
Hintergrund
Im Frühjahr 2020, zu Beginn der Covid-19-Pandemie, hat die SAMW gemeinsam mit der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) Hinweise zur Umsetzung des 2013 publizierten Kapitels zur Triage bei Ressourcenknappheit (Kap. 9.3. der Richtlinien «Intensivmedizinische Massnahmen») ausgearbeitet, die eine konkrete Hilfestellung für solch schwerwiegende Entscheidungen bilden. Die Umsetzungshinweise wurden erstmals am 20. März 2020 veröffentlicht. Sie werden, wenn es die Erfahrungen in der Praxis oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse erfordern, laufend angepasst. Auf dieser Seite finden Sie jeweils die aktuellste Version. Alle Vorgänger-Versionen finden Sie hier.
SAMW Newsletter zum Thema
Zu jeder neuen Version der Umsetzungshinweise zur Triage auf Intensivstationen hat die SAMW einen Newsletter mit den wichtigsten Inhalten oder Änderungen veröffentlicht.
10. Dezember 2021: Offene Antwort der SAMW an Oncosuisse: Impfstatus per se ist kein Triage-Kriterium
23. September 2021: Triage in der Intensivmedizin: medizin-ethische Richtlinien sind aktualisiert (Version 4)
17. Dezember 2020: Triage auf Intensivstationen: Richtlinien Version 3.1. mit rechtlichen und ethischen Präzisierungen
4. November 2020: Die Richtlinien für die Triage bei Ressourcenknappheit auf Intensivstationen sind aktualisiert
16. April 2020: Triageentscheidungen auf Intensivstationen: eine Zwischenbilanz
25. März 2020: Coronavirus: Richtlinien für Triage aktualisiert und Empfehlungen für Palliative Care
20. März 2020: Coronavirus: Richtlinien für die Triage bei Ressourcenknappheit auf Intensivstationen
Umfrage in der Bevölkerung
Auch ethix, Lab für Innovationsethik hat dazu beigetragen, die ethische Debatte über Triageentscheidungen in der Bevölkerung breit zu führen. Bereits im März 2020 hat ethix einen Blog-Beitrag veröffentlicht mit einem Dokument, das die Kernelemente der Umsetzungshinweise (Version 1 und 2) veranschaulicht. Ein Online-Fragebogen stellte verschiedene Triage-Szenarien zur Diskussion; die Ergebnisse dieser Umfrage wurden im Mai 2020 veröffentlicht.
Dokument zur Veranschaulichung
Internationaler Vergleich
Recommendations on Covid-19 triage: international comparison and ethical analysis (Bioethics, 25. September 2020)
Ethics guidelines on Covid-19 triage – an emerging international consensus (Universität Zürich, Mai 2020)
Solidarität und Verantwortung in der Pandemie
Offene Antwort der SAMW auf den offenen Brief von Oncosuisse (10. Dezember 2021, PDF)
Solidarität und Verantwortung in der Pandemie (SÄZ, 3. Februar 2021)
Appell «Lebensschutz und Lebensqualität in der Langzeitpflege» (SÄZ, 1. Juli 2020)